Die Drachenschlucht bei Eisenach
Anette Huber-Kemmesies
Verlässt man die Wartburgstadt Eisenach nach Süden hin, passiert das Mariental und wandert weiter bis zum Annatal, gelangt man an den Eingang der Drachenschlucht. Aber keine Angst, der Name ist hier nicht Programm. Dieser geht vielmehr auf eine alte Sage zurück, nach der hier ein riesiger Lindwurm (eine Art Drachen) gehaust und sich durch die engen der Schlucht gewunden haben soll. Der Name hat also nichts Abschreckendes an sich. Im Gegenteil: Man darf hier auf eine der schönsten natürlichen Gesteinsformationen gespannt sein. Normalerweise beginnt man die Wanderung bei dem Großen „A", das einen Felsen prägt und nicht etwa für den Anfang der Drachenschlucht steht, sondern für Anna Pawlowna, die Mutter der späteren Herzogin Wilhelmina Marie Sophie Louise, die mit dem Herzog Karl Alexander von Sachsen- Weimar- Eisenach verheiratet war. Wer im Laufe der Wanderung in Richtung „Hohe Sonne" seine Augen offen hält, wird auch noch ein großes „M" auf einer Felswand finden, das Marija Pawlowna gewidmet ist, die einstige Großherzogin von Sachsen- Weimar- Eisenach, die sich sehr für die Künste und Kultur einsetzte.
Die Drachenschlucht wurde aber erst ab dem 19. Jahrhundert für Wanderer und Naturliebhaber vollständig erschlossen. Das Waldgebiet war vorerst nur Jägern und Mineralsammlern - eine sehr angesehene Beschäftigung in diesem Jahrhundert - vorbehalten. Bereits im Jahre 1830 wurde das heute geschlossene Restaurant „Phantasie", das Wanderer und Ausflügler verköstigte, eröffnet und damit auch die Erschließung der Schlucht veranlasst, da die Besucherzahl immer weiter stieg. Es wurde begonnen, durch Holzbohlen, die in die Felsen geschlagen wurden einen Weg durch die teilweise nur 68cm enge Schlucht zu bauen, so dass man direkt über dem kleinen Bach, der in vielen Jahrhunderten die Spalte in die Felsen schliff, entlang wandern kann. Der im Sommer harmlos unter dem Gang plätschernde Bach verwandelt sich vor allem in den späten Wintermonaten bei Tauwetter in einen reißenden Fluss bzw. fast in einen Wasserfall, der selbst die Wege unterspült und die Schlucht unbegehbar macht. Deshalb wurde der Weg durch die Drachenschlucht 2009 mit Kunststoffgittern erneuert.
Wagt man den Aufstieg bis zum ehemaligen Jagdschloss „Hohe Sonne" wandert man durch eine insgesamt 198 Meter lange Klamm, die teilweise von Wald unterbrochen ist. Die hohen erodierten Felsen sind mit vielen Moosarten und Farnen bewachsen und bieten kleinen Säugern und anderen Tierarten gute Lebensräume. Vom Eisenacher Hauptbahnhof fährt ein Bus mit dem man bequem bis zum Eingang der Schucht fahren kann. Nach dem Aufstieg kann man an der „Hohen Sonne" einen
Imbiss zu sich nehmen und dann durch den Wald über den Rennsteig zurück wandern oder mit dem Bus nach Eisenach fahren. In den folgenden Jahren nach 1897 gab es sogar eine Straßenbahn, die bis zum Eingang zur Drachenschlucht fuhr. Auch Parkmöglichkeiten sind hier vorhanden und so ist die Eisenacher Umgebung mit ihren Wanderwegen und Schluchten nicht mehr nur den Einwohnern vorbehalten, wie sie dies im ausgehenden 19. Jahrhundert war, sondern begrüßt jeden Besucher mit einer offenen und üppigen Natur.
Und wem der Aufstieg zu anstrengen ist, kann die umgekehrte Tour wählen, also von der „Hohen Sonne" bis zum Annatal wandern.
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