Die Bedeutung mancher Ortsnamen erschließt sich bereits beim ersten Hören. Das Thüringische Schmiedefeld zum Beispiel verdankt seinen Namen den vielen Schmieden, die hier zu Beginn des 15. Jahrhunderts ansässig waren. Bereits 1414 wurde berichtet, dass hier die Erze aus den umliegenden Bergwerken „auf Rennfeuern erschmolzen und durch Schmieden weiter verarbeitet" wurden. Der florierende Bergbau förderte noch manch andere Bodenschätze zu Tage. Als besonders wertvoll galten auch Schwefel, Vitriol und Alaun, welches zum Gerben von Leder, zum Imprägnieren von Stoffen und zur Stillung von Blutungen verwendet werden kann.
Der erste urkundliche Nachweis für den Abbau von Alaunschiefer in Schmiedefeld ist eine Konzessionsurkunde aus dem Jahr 1683. Die neu errichtete Schwefel- und Vitriolhütte hatte durchaus Potential, doch fehlte es den ersten Eigentümern an Durchhaltevermögen. Mehrfach wechselte das Bergwerk seinen Besitzer, bis es im Jahr 1716 der Handelskaufmann Johann Leonhard Morassi übernahm. An ihn erinnert bis heute der Name des Schaubergwerkes Morassina.
Bedeutende wirtschaftliche Erfolge feierte die Familie Ferge, welche bereits mit einem Kauf- und Handelshaus in Leipzig zu großem Vermögen gekommen war. Sie kaufte im Jahr 1753 das Vitriolwerk und erweiterte die Produktpalette. Die Hütte Morassiona wurde zum größten Anbieter von Alaun- und Vitriolprodukten in Mitteldeutschland. Um die steigende Nachfrage zu befriedigen, mussten neue Stollen immer tiefer in den Fels getrieben werden. Der Raubbau blieb nicht ohne Folgen. Im Jahr 1791 stürzten Teile des Bergwerkes ein.
Das lokale Ereignis bedrohte ganz Preußen: Die durch den wenige Jahre zuvor verstorbenen Alten Fritz, seines Zeichens König von Preußen, eingeführte Kartoffel hatte sich zu einem wichtigen Grundnahrungsmittel entwickelt. Den Anbau gefährdeten jedoch kleine Fadenwürmer (Nematode), die sich nur mit Vitriol erfolgreich bekämpfen ließen.
Den Wiederaufbau der Grube sollte kein geringerer als Alexander von Humboldt gestalten. Er besichtigte das Bergwerk am 11. Juli des Jahres 1792. Seine Empfehlungen veränderten nicht nur die Technologie des Abbaus. Humboldts Konzept brachte weitreichende ökologische, soziale, kulturelle und religiöse Veränderungen mit sich. Bis zur Schließung des Bergwerkes im Jahr 1863 ereigneten sich keine tödlichen Unfälle mehr unter Tage.
Das Ende des Bergbaus hatte, wie auch bei den nahegelegenen Saalfelder Feengrotten, die aufkommende chemische Industrie eingeläutet. Und wie in den Feengrotten entstand auch in der Morassina Grotte faszinierende unterirdische Landschaft aus Tropfsteinen und farbenreichen Sedimenten. In Saalfeld erkannte man bereits um 1910 das touristische Potential des alten Bergwerkes. Der erste Versuch, ein Schaubergwerk in Schmiedefeld zu errichten scheiterte, da ein Gerichtsurteil den Aufbau von Wettbewerbsunternehmen zu den Saalfelder Feengrotten in Thüringen untersagte.
Fast 200 Jahre blieben die Stollen verschlossen, bis 1951 Bergleute der Wismut auf der Suche nach Uranerzen einen Zugang zu dem weitläufigen Höhlensystem aufbrachen. Sie entdeckten eine Landschaft aus Tropfsteinen in den vielfältigsten Farben und Formen. Doch es dauerte weitere drei Jahrzehnte, bis im Oktober 1989 die Erschließung der historischen Gruben begann. Seit 1992 ist die ehemalige Schwefel- und Vitriolhütte Morassina als Schaubergwerk für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein Museum und eine Gedenkstätte erinnern an das Leben und die Arbeit der Bergleute, die hier über Jahrhunderte zuhause waren.
Öffnungszeiten
1. November bis 31. März:
11.00 bis 15.00 Uhr
1. April bis 31. Oktober:
10.00 bis 16.00 Uhr
Adresse:
Schwefelloch 1
98739 Schmiedefeld
Telefon: 036701/61577
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Textergänzungen von Andreas Werner
Fotos:
Andreas Werner (Bilder sind nicht bearbeitet)
Einer der ersten Bergleute, welche die Morassina 1951 erkundeten, Foto: Förderkreis "Morassina" e.V.
Videoquelle: Förderkreis "Morassina" e.V. , Youtube,